„Die Wahl wird entscheidend für die europäische Zukunft“

Christian Meyer-Heidemann ist Landesbeauftragter für politische Bildung. Er und sein Team beraten unabhängig und überparteilich die Landesregierung und den Landtag in Grundsatzangelegenheiten der politischen Bildung. Wir haben mit ihm über die Europawahl am 26. Mai gesprochen.

Christian Meyer-Heidemann
Christian Meyer-Heidemann, Landesbeauftragter für politische Bildung Bild: LpB

Lieber Herr Meyer-Heidemann, am 26. Mai werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments neu gewählt. Warum sollen Menschen zur Europawahl gehen und „ihren #morshoch kriegen“?

Weil die Beteiligung an Wahlen grundlegend ist für eine lebendige Demokratie. Das gilt natürlich für alle Wahlen – von der Kommune bis zum Europäischen Parlament. Wir haben am 26. Mai die Möglichkeit, die Weichen für die nächsten fünf Jahre in der Europäischen Union zu bestimmen.  Es geht um wichtige Themen: Zum Beispiel Klimaschutz, Digitalisierung und Migrationspolitik, um nur drei Aspekte zu nennen. Die Vorschläge der Parteien unterscheiden sich da durchaus und die Bürgerinnen und Bürger können entscheiden, wie es in Europa weitergeht.

Es geht natürlich ganz grundsätzlich darum, ob wir ein pro-europäisches, von Demokratinnen und Demokraten besetztes Parlament bekommen oder ob die Europaskeptiker, Populisten und Feinde der europäischen Idee die Oberhand gewinnen. Die Wahl am 26. Mai wird also in jeder Hinsicht entscheidend für die europäische Zukunft.

Was sagen Sie Menschen, die an Europa zweifeln?

Denen sage ich, dass wir seit 70 Jahren Frieden haben unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit, wenn wir in die europäische Geschichte schauen. Ich sage ihnen, dass der Wohlstand, den wir in Deutschland haben, zu großen Teilen auf der Basis der Europäischen Union geschaffen wurde. Nicht zuletzt geht es natürlich um die Werte, für die Europa steht.

Trotzdem ist es selbstverständlich legitim und richtig, immer wieder auch die Konstruktion der Europäischen Union und die Entscheidungen in einzelnen Politikfeldern einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

Welche Werte verbinden Sie denn konkret mit der Europäischen Idee?

Mit Europa und der europäischen Einigung verbinde ich die Werte Toleranz und Offenheit anderen Menschen und Kulturen gegenüber. Ich verbinde mit Europa Freiheit, die Freiheit zu reisen, den Wohn- und Arbeitsort innerhalb der EU frei wählen zu können, aber auch die Freiheit von Unterdrückung. Es war nicht zuletzt die europäische Integration, die den Fall der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhangs ermöglicht hat.

Europa steht für mich für die liberale Demokratie. Hier müssen wir leider erkennen, dass diese Idee – auch innerhalb europäischer Staaten – immer weiter unter Druck gerät.

Wie versuchen Sie als Landesbeauftragter für politische Bildung, junge Menschen zur Europawahl zu bewegen?

Wir bieten im Vorfeld der Wahl zum EP verschiedene Projekte an, die sich explizit an junge Menschen richten: Zum einen gehen wir mit Teamerinnen und Teamern im Projekt „jung & wählerisch“ an Schulen, um mit den Schülerinnen und Schülern – auch ohne Lehrkräfte – über Demokratie, Europa und die Bedeutung von Wahlen zu sprechen.

Des Weiteren bin ich Schirmherr der landesweiten Juniorwahl. Schülerinnen und Schüler simulieren hier den Wahlakt, die Ergebnisse werden am Wahltag zeitgleich zur ersten Prognose veröffentlicht. Wir ziehen mit dem „Wahl-O-Mat zum Aufkleben“ durch das Land und werden auf Marktplätzen, in Einkaufszentren und in Fußgängerzonen mit den Menschen ins Gespräch über Europa und die Positionen der Parteien kommen.

Haben Sie einen konkreten Wunsch für Europa nach der Wahl?

Wir sollten darüber nachdenken, wie wir Europa und europapolitische Themen näher an die Bürgerinnen und Bürger bekommen können. Mir schwebt dazu die Idee einer Europäischen Zentrale für politische Bildung vor – ähnlich zu dem, was mein Team und ich in Schleswig-Holstein machen oder was die Bundeszentrale für politische Bildung für die Bundesrepublik tut.

Eine Europäische Zentrale könnte relevante Themen aufgreifen und diese – institutionell unabhängig und politisch überparteilich – für die europäischen Bürgerinnen und Bürger zugänglich machen. Das wäre eine Chance, zu einer stärkeren europäischen Öffentlichkeit zu kommen.

Lieber Herr Meyer-Heidemann, wir danken Ihnen für das Gespräch.